Die Kraft unserer Worte

Austausch 1
Ich möchte Ihnen in diesem Beitrag anhand einiger Beispiele zeigen, wie sehr wir allein durch die Wahl unserer Worte sowohl uns selbst als auch den Verlauf der Kommunikation mit den Menschen in unserem Umfeld beeinflussen können.

Punkt 1: „müssen“ und „sollen“

„Ich muss heute unbedingt noch einkaufen, 2 Anrufe erledigen und mich um den Haushalt kümmern“

„Ich sollte es endlich schaffen, besser auf mich zu achten und mich zu entspannen.“

Wie klingt das für Sie? Wer bestimmt, dass Einkauf, Anrufe und Haushalt unbedingt heute noch erledigt werden „müssen“? Wer legt fest, dass Sie es schaffen „müssen“?

Was glauben Sie - wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich entspannen können, wenn der Erwartungsdruck im Raum steht, dass Sie es nun aber wirklich „endlich mal schaffen sollten“?

 

Punkt 2: „Ja, aber…“

„Ja, sie haben recht, ein klärendes Gespräch ist wichtig, aber dafür muss sich erst einmal eine Gelegenheit ergeben.“

„Ich verstehe ja deinen Ärger, aber ich finde, du musst dich trotzdem zusammenreißen.“

Ein solches „aber“ kann in manchen Zusammenhängen dazu führen, dass Sie Ihre vorherige Aussage relativieren oder sogar komplett zurück nehmen. Manchmal wird ein "ja, aber“ benutzt, wenn der Mut fehlt, sich ganz klar zu positionieren, also z.B. eindeutig Nein zu sagen. Vielleicht kann oder möchte der Betroffene in unserem Beispiel gar kein klärendes Gespräch führen und weicht deshalb aus, indem er feststellt, es müsse sich eine Gelegenheit ergeben. Würde er sie nicht aktiv herbeiführen, wenn ihm die Klärung wichtig ist?

 

Punkt 3: „eigentlich“

„Eigentlich geht es mir gut“

„Eigentlich ist das gar kein Problem mehr für mich“

„Eigentlich ist es mir egal…“

Wenn jemand in einem Gespräch verstärkt das Wort „eigentlich“ benutzt, reagiere ich darauf gern mit der freundlichen Nachfrage: „Und was ist UN-eigentlich?“ Damit möchte ich meinem Gegenüber signalisieren, dass mich interessiert, was tatsächlich los ist. Geht es ihm (ihr) gut oder schlecht? Gibt es ein Problem oder nicht? Was ist egal und was beschäftigt denjenigen innerlich?

Sagen wir mal so: Auf das Wort „eigentlich“ können wir eigentlich (fast) immer verzichten. 😉

 

Punkt 4: „bemühen“ und „versuchen“

„Ich werde mich bemühen, künftig deine Bedürfnisse stärker zu beachten.“

„Ich kann es ja mal versuchen, nicht mehr so impulsiv zu sein.“

Wie glaubwürdig sind diese Aussagen für Sie?

Spüren Sie einen Unterschied, wenn die Formulierung stattdessen lautet: „Ich beachte deine Bedürfnisse ab jetzt stärker.“? Wenn ja - was ändert sich Ihrer Meinung nach? Betrifft diese Veränderung einen oder beide Gesprächspartner?

VERSUCHEN ist ein ganz spezielles Thema, denn es stellt sich die Frage - TUN wir dabei wirklich etwas oder nicht?

Ich empfehle Ihnen dazu den wunderbaren Artikel: "Der Unterschied zwischen VERSUCHEN und TUN

 

Punkt 5: „immer“, „nie“ und „dauernd“

„Ich habe immer das Problem….“

„Bisher hatte ich noch nie Glück.“

„Dauernd machst du mir Vorwürfe.“

Bei der Verwendung dieser Wörter entstehen sehr verallgemeinernde, absolute Aussagen. Doch treffen sie auch zu? Gab es wirklich keine Ausnahmen?

Wenn wir uns selbst gegenüber solche Generalisierungen benutzen, kann dies schnell zur Demotivation führen, die uns Energie entzieht und Veränderungen erschwert.

 

Punkt 6: "Du-Aussagen" / "Ich-Aussagen"

"Das hast du mir gar nicht gegeben."

Besser wäre: "Ich habe das nicht erhalten."

"Das hast du völlig falsch verstanden."

Besser wäre: "Ich habe es anders gemeint"

"Du-Aussagen" wirken häufig wie Vorwürfe und lösen somit schnell sehr emotionale Diskussionen aus, bei denen es dann gar nicht mehr um den Inhalt als solchen geht. Stattdessen bewegen wir uns auf der persönlichen Ebene, was die gesamte Kommunikation und die Klärung eventueller Missverständnisse wesentlich erschwert.

 

Mit meinen Beispielen und Gedanken geht es mir ausdrücklich nicht darum, diese Worte vollständig aus dem Sprachgebrauch zu streichen, sondern lediglich um mehr Aufmerksamkeit bei der Wortwahl. Manchmal schafft es nämlich schon ein vermeintlich kleines Wort, eine große Wirkung zu erzielen, die dann nicht zwingend identisch ist mit dem, was wir beabsichtigt hatten.