Achtsamkeit

Das Rad der AchtsamkeitAchtsamkeit bedeutet, im Hier und Jetzt zu sein – und zwar nicht nur körperlich, sondern auch mental. Das ist für die meisten Menschen kein Normalzustand.

Viele hängen mit ihren Gedanken entweder in der Vergangenheit fest, beschäftigen sich mit Sorgen oder denken über die Zukunft nach. Dieses Denken ist meist von der Hoffnung begleitet, dass sich irgendwann ein zufriedener Zustand einstellen wird. Ein achtsamer Mensch achtet auf den Moment, ohne ihn jedoch zu bewerten. Das ist der zweite entscheidende Aspekt der Achtsamkeit. Wir neigen dazu, alles permanent zu bewerten. Achtsam sein bedeutet, diese Bewertung sein zu lassen und sich auf das zu konzentrieren, was gerade außerhalb der Gedanken ist. Eine einfache Übung dazu ist, sich auf den Atem zu konzentrieren und dadurch Distanz zu den Gedanken zu schaffen.

Mittlerweile sind auch viele Wissenschaftler davon überzeugt, dass mit Achtsamkeit – oft wird auch von Achtsamkeitsmeditation gesprochen – das Wohlbefinden gesteigert werden kann. Der Diplompsychologe und Meditationsforscher Ulrich Ott von der Universität Gießen beschreibt die positive Wirkung mit folgendem Bild: "Ich gehe beim Meditieren auf einen Berg und schaue hinunter ins Tal. Das heißt, ich bin nun in einer Position, die ein bisschen dem Alltagsgeschäft enthoben ist und kann auf das Ganze herunterschauen."

Dadurch seien wir nicht mehr völlig mit den eigenen Gefühlen und Gedanken identifiziert. Dieser Abstand lasse ein zunehmendes Vertrauen entstehen, dass "sich sogar die größten inneren Dramen wieder auflösen, wenn wir es schaffen, nicht auf die entsprechenden Gedanken einzugehen", sagt der Psychologe Peter Malinowski von der Universität Liverpool. Das wiederum führe langfristig zu mehr Zufriedenheit und Lebensfreude.

Das Konzept der Achtsamkeit stammt aus dem Buddhismus, in dem Meditationen eine große Rolle spielen. Die Achtsamkeit ist eine Haltung, die allen Meditationen zu Grunde liegt. Keine Meditation kommt also ohne Achtsamkeit aus, jedoch kann man auch ohne zu meditieren achtsam sein. Insofern vermischen sich häufiger die Begrifflichkeiten. Wenn etwa Wissenschaftler die Wirkung von Meditation erforschen, ist damit zwangsläufig auch die Achtsamkeit gemeint.

Der Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn gilt als Vater der modernen Achtsamkeitspraxis in den westlichen Kulturen. Kabat-Zinn lehrte an der University of Massachusetts und entwickelte Ende der 1970er-Jahre das medizinische Achtsamkeitstraining MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction), zu Deutsch: "Stressbewältigung durch Achtsamkeit". Seine Achtsamkeitspraxis kommt ohne philosophisch-religiösen Überbau aus. Das MBSR-Programm ist wissenschaftlich vergleichsweise gut erforscht und evaluiert. Es soll auch Menschen ohne spirituellen Bezug bei unterschiedlichsten Problemen helfen.

Achtsamkeitspraxis ist mittlerweile Bestandteil neuerer verhaltenstherapeutischer Verfahren und wird in den USA und Deutschland bereits verstärkt in Kliniken angewandt. Das MBSR-Achtsamkeitstraining nach Jon Kabat-Zinn ist die Methode, die am weitesten verbreitet ist, um Achtsamkeit zu lernen. Ein solches Training läuft in der Regel über acht Wochen. Die Teilnehmer lernen Achtsamkeit, indem sie meditieren, Yoga üben und den sogenannten "Body Scan" durchführen. Dabei beobachten sie systematisch, was sie an verschiedenen Stellen im Körper gerade wahrnehmen, ohne dies zu bewerten.

Der Psychiater und Psychotherapeut Michael Huppertz ist davon überzeugt, dass man Achtsamkeit nicht nur mithilfe eines MBSR-Trainings lernen kann, sondern auch durch einfache Alltagsübungen. Huppertz empfiehlt, achtsame Momente auf den gesamten Tag zu verteilen. Huppertz' Vorschläge für solche Momente umfassen schon das Aufstehen, bei dem morgendliche Routinen beobachtet werden sollen.

Andere Gelegenheiten, Achtsamkeit in den Alltag zu integrieren, können sein:

  • unter der Dusche auf das wärmende Wasser konzentrieren, anstatt über die To-Do-Liste des Tages nachdenken
  • beim Frühstücken auf den Geschmack des Essens fokussieren – nicht auf den Einkaufszettel
  • auf dem Weg zur Arbeit beim Radfahren die frische Luft wahrnehmen oder in der Bahn bewusst auf die Umgebungsgeräusche achten

Achtsamkeit kann auch bedeuten, Alltägliches aus einer anderen Perspektive zu betrachten und Routinen zu durchbrechen: etwa einen anderen Weg als üblich zu nehmen, Musik zu hören, die man sonst nie hört, oder mit der linken anstatt der rechten Hand zu essen.
(Auszüge aus einem Text auf: https://www.planet-wissen.de)

Ein MBSR-Training wird sowohl vor Ort als auch Online angeboten. Wenn Sie sich für eine Teilnahme interessieren, achten Sie bitte darauf, dass der Anbieter möglichst über eine Zertifizierung verfügt, damit Sie sicher sein können, fachlich gut betreut zu werden. Erkundigen Sie sich auch bei Ihrer Krankenkasse nach einer möglichen Übernahme der Kursgebühren.

Ein kostenloses Online-Angebot zum Kennenlernen des MBSR-Achtsamkeitsprogramms finden Sie hier:  https://www.evidero.de/themen/mbsr-achtsamkeitstraining-online

MBSR Training


Umfangreiche Sammlungen von Achtsamkeitsübungen, die sich leicht in Ihren Alltag integrieren lassen, können Sie über folgende Links abrufen:

50 Achtsamkeitsübungen - So wirst du achtsamer

20 Achtsamkeitsübungen für ein Leben im Moment


Um Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie Achtsamkeitsübungen konkret gestaltet sein können, stelle ich Ihnen hier entsprechende Videos vor.

„2 Achtsamkeitsübungen bei Unruhe, Stress, Angst...“

„MBSR-Achtsamkeitsübungen für Anfänger“

"Body-Scan"