Die Kommunikationstypen nach Virginia Satir

nachdenkliches PaarKommunikation ist ein permanenter Bestandteil unseres Lebensalltags. Wir begegnen Menschen in vielfältigen Situationen, unterschiedlichem Umfeld (beruflich, privat), verschiedenen Stimmungslagen usw. Hinzu kommt, dass sowohl wir selbst als auch unser Gegenüber einen individuellen Kommunikationsstil pflegt, der geprägt ist durch frühere Erfahrungen, verinnerlichte Glaubenssätze, persönliche Vorstellungen, Wertmaßstäbe etc. Treten wir miteinander in Kontakt, kann dies reibungslos und für alle Beteiligten positiv verlaufen oder zu Konflikten führen. Je genauer wir uns selbst kennen und je aufmerksamer wir wahrnehmen, wie der andere kommuniziert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine angenehme, wertschätzende Kommunikation gelingt.

Die Familientherapeutin Virginia Satir hat ein Modell entwickelt, in dem sie 5 Kommunikationstypen benennt und deren typisches Auftreten in Konflikt- und Stresssituationen darstellt. Bei diesen Reaktionsmustern handelt es sich nach ihrer Einschätzung um vier Kategorien, die auch als Stresspositionen bezeichnet werden sowie eine fünfte, kongruente Kommunikationsform. Jeder Kommunikationstyp ist gekennzeichnet durch eine besondere Körperhaltung, eine spezifische Gestik, begleitende Körpergefühle und eine besondere Sprache. Die vier inkongruenten Formen beschreiben, wie Menschen in der Kommunikation mit anderen ihr Selbstwertgefühl schützen, wenn sie es als bedroht wahrnehmen und dadurch häufig den Kommunikationsverlauf negativ beeinflussen. Bei der kongruenten Kommunikationsform handelt es sich um die Idealvorstellung. Hier stimmen die Botschaften auf allen Ebenen der Kommunikation (Sprache, Mimik, Gestik) überein und der Austausch verläuft dementsprechend ungestört.

Virginia Satir fasst die Merkmale der 4 Stressmuster folgendermaßen zusammen:

  • Selbstwert: gering.
  • Kommunikation: indirekt, unklar, unspezifisch, inkongruent, beschwichtigend, anklagend, rationalisierend, ablenkend (entwicklungshemmend).
  • Regeln: versteckt, unpassend, unmenschliche Regeln bleiben starr, Veränderungen haben sich bestehenden Regeln anzupassen und zu unterwerfen, Einschränkungen der Meinungsäußerungen.

Ergebnis: unglücklich, chaotisch, unangemessen, zerstörerisch. Der Selbstwert wird immer mehr in Frage gestellt und ist immer stärker auf die Unterstützung durch die Außenwelt angewiesen.

Nachfolgend stelle ich Ihnen die Kommunikationstypen etwas genauer vor:

Der Beschwichtiger (Placater)

Der Beschwichtiger möchte allem voran anderen gefallen. Daher zeichnet sich sein Sprachmuster durch zustimmende und unterwürfige Äußerungen aus. Sätze wie „was du sagst ist immer richtig“, oder „Ich bin froh, dass ich heute bei Ihnen sein darf“ oder „Hauptsache du bist glücklich“ sind vom Beschwichtiger zu hören. In seinem Wortschatz finden sich viele Einschränkungen („ja, aber …“) und Konjunktive (hätte, würde, sollte). Der Beschwichtiger spricht leise, fast weinerlich und betet sein Gegenüber förmlich an. Gespiegelt wird seine Sprechweise auch von seiner Körpersprache, die vor allem seine Hilflosigkeit widerspiegelt. Mit seiner Art missachtet der Beschwichtiger sich selbst und stellt andere ins Zentrum. Er ist nicht in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen. Im Extremfall kommt es zur Selbstverleugnung. Die große Stärke des Beschwichtigers ist sein Einfühlungsvermögen.

Der Ankläger (Blamer)

Der Ankläger geht weniger mitfühlend mit seiner Umwelt um, als es der Beschwichtiger tut. Er ist angriffslustig, fordernd und kann dabei sehr verletzend wirken. „Du fängst immer den Streit an!“ o. „Ohne dich wär alles gut!“ oder „Du machst alles falsch!“ sind Sätze, die man aus dem Mund des Anklägers hört. Generalisierungen, vermeintliche Kausalzusammenhänge und negierte Fragestellungen prägen den Wortschatz dieses Typs. Er spricht laut und schrill. Anspannung lässt sich nicht nur in seiner Stimmlage, sondern auch in der Körperhaltung des Anklägers erkennen. Die Atmung ist flach und gepresst. Nach vorne gerichtete und anklagende Körperhaltung unterstreichen seine „Ich bin der Boss“ Einstellung. Sein Selbstwertgefühl steigert der Ankläger durch das Niedermachen anderer. Der Ankläger missachtet andere und fühlt sich gleichzeitig einsam an der Spitze. Er versucht ständig seinen eigenen Standpunkt zu beweisen und durchzusetzen. Dadurch trägt er im Team jedoch nicht zur Lösung bei. Die große Stärke des Anklägers ist sein Durchsetzungsvermögen.

Der Rationalisierer (Computer)

Der Rationalisierer zeigt sich in Stresssituationen als vernünftig und distanziert. Dabei wirkt er fast unbeweglich. Typisch sind für ihn Aussagen wie „aus rationaler Sicht betrachtet...“ oder „Wenn man einmal sachlich darüber nachdenkt …“ oder „bei sorgfältiger Betrachtung des Sachverhalts fällt auf, dass …“. Das Vokabular des Rationalisierers ist voll von Passivierungen und Normalisierungen. Beziehungsindices fehlen hingegen fast völlig. Die Tonlage des Rationalisierers ist monoton und trocken und wirkt dadurch leblos. Auch seine Körperhaltung ist angespannt, steif und unbewegt. Mit seiner Art missachtet er sich selbst und andere. Er zeigt keine Gefühle und verleugnet dabei, auch sich selbst gegenüber, emotionale Bedürfnisse. Der Rationalisierer meidet Körperkontakt und hält lieber Reden als im Dialog zu stehen. Seine Stärke ist das Denken.

Der Ablenker (Distractor)

Wie der Name schon verrät, stellt der Ablenker in seinen Aussagen keine Beziehungen vom Gesagten zum Sachverhalt her. Er spricht schnell und ist entsprechend auch in ständiger Bewegung, die jedoch oft unkoordiniert wirkt. In seinem Selbstverständnis interessiert sich niemand für ihn, er fühlt sich nirgends zugehörig. Er ignoriert nicht nur sich selbst und andere, sondern auch den gesamten Kontext. Dadurch wechselt er häufig die Themen und beendet nichts. Seine Stärke ist seine Spontanität.

Der Kongruente

Beim kongruenten Typ spiegeln die Worte genau wider, was er fühlt. Auch Körpersprache und Gesichtsausdruck entsprechen der Aussage. Nach Satir kommt Kongruenz aus der Grundhaltung eines Menschen. Ein Mensch ist demnach kongruent, wenn er sich selbst, aber auch andere, als wertvoll sieht. Er beurteilt das Verhalten eines Menschen, nicht seine Herkunft. Der kongruente Mensch geht davon aus, dass alle Menschen für sich selbst sprechen und handeln können. Er erkennt die Einzigartigkeit eines jeden anderen Menschen an.

In dieser Grafik finden Sie Merkmale der Kommunikationstypen übersichtlich zusammengefasst:

Kommunikationstypen nach V. Satir

Quellenangabe: NLPedia (https://nlpportal.org/nlpedia/wiki/Satir-Kategorien)